Lebensverlängerung

AMARYLLIS

37. Vortrag am 12.6.1982 in Jockgrim

Frage: “Es gibt noch andere Fragen, die mit dieser Frage nichts zu tun haben. Zum Beispiel das Gegenstück zum Geborenwerden ist ja das Sterben. Und man kann ja einem Körper durch Anschließen von Apparaten etwas das Leben verlängern. Jetzt ist die Frage: Ist es das Gebot der Stunde, wenn man die Möglichkeiten hat, das Leben möglichst zu verlängern, solange es eben geht; oder sollte man, wenn man sieht, daß dieser Körper ohnehin dem Tod geweiht ist, sterben lassen?”

Antwort: Auch diese Frage ist eine Probe auf die Reife einer Menschheit. Aber dieses Gebiet kann man nicht mit ja oder nein vereinfachen. Ein Menschenwesen als ein bewußtes Geistwesen soll alle Hilfsmittel benützen, die ihm diese Daseinsform auf dieser Weltkugel darreicht, alle Hilfsmittel ausschöpfen, die im dieser Daseinsform erreichbar sind und auch sinnvoll sind. Dieses Verlängern eines Lebens ist durchaus zu bejahen - im Prinzip. Ein Arzt ist immer gerufen, als Helfer und Liebender kranker Menschen seine ganze Kunst einzusetzen, um einem leidenden Wesen Linderung zu bringen, es zu heilen, wenn möglich, und alles zu tun, was in seiner Macht liegt, einem hilfesuchenden Wesen Beistand zu leisten. Einer der schönsten Berufe!

Das, was du ansprichst, ist ein Grenzgebiet, und wohl eines der heikelsten, das die Menschheit abschreitet. Ein Körper als Lebenshaus der Seele ist natürlich eine Erscheinungsform eurer Erde und den Gesetzen dieser Erde unterworfen. Diese Gesetze sehen vor, daß ein Leben in dieser Form begrenzt ist - in dieser Form - auch ein Körper ist ja ewig, er wandelt sich nur um in andere Substanzen. Aber in dieser Form, die einen Menschen darstellt, ist dieser Körper eingebunden in den Rhythmus des Lebens auf eurem Planeten, und damit atmet er in einer Kreisbewegung - in einer Kreisbewegung? Das ist richtig, Amaryllis - die einmündet in die Gesetzmäßigkeit dieser Zellen-Systeme eurer Welt, die in ihrer Umwandlung gewissen Bahnen folgt. Damit ist gesagt, ein Körper, der altert zum Beispiel, der sich dem Tode zuneigt, wird eines Tages müde und sehnt sich danach, ruhen zu dürfen. Das ist natürlich und gottgewollt.

Diese Grenze zu ziehen zwischen diesem Punkte, an dem man entscheiden muß als Arzt zum Beispiel, ein Wesen festzuketten an diese Erde mit seinen Apparaturen, die euch entwickelt worden sind, oder einem Wesen zu gestatten, diesen verbrauchten Körper verlassen zu dürfen - das zu entscheiden ist so - einer so hohen Ethik verbunden, daß sie tatsächlich eine Ermessensfrage ist - eine sehr, sehr schwerwiegende für einen Menschen, der auch irren kann. Es ist eine Entscheidung, die ein liebendes Wesen zu treffen hat einem anderen Wesen gegenüber, die ihm niemand abnehmen kann, und die wir gar nicht beantworten können, diese Frage: Wann ist der Zeitpunkt? Der ist in einem jeden Falle verschieden und stellt die höchste ethische Anforderung, die man einem Menschen überhaupt stellen kann: Soll ich und darf ich dieses Leben verlöschen lassen, oder soll ich und muß ich alle Anstrengungen unternehmen, um dieses Menschenwesen noch länger zu halten? Eine solche Frage ist außerdem genauso wie die Fragen, ob man ein in euren Augen lebensunfähiges Kind am Leben erhalten soll oder nicht, an die jeweilige Menscheitsentwickelung gebunden in ihren Möglichkeiten und in ihrer Ethik.

Wir freien Wesen neigen immer zur Erhaltung des Lebens. Aber wir glauben, daß man ein Wesen, das seine Zeit genützt hat, das müde geworden ist, einschlafen lassen sollte in Würde, und ihm alle Hilfe geben sollte, die euch geschenkt worden ist, um die Qualen eines Erdenwesens - nicht eines Erdenwesens - eines Erdenleibes zu dämpfen. Das ist auch ein Akt der Liebe, und diese heimgehen zu lassen zu ihrer echten Geburt. im Licht. Aber ein Allgemein-Rezept können wir euch nicht geben. Ein Rezept können wir euch nicht geben. Diese letzte Entscheidung ist das Schwerste, das man einem Menschen auferlegen kann. Eine einzige Richtschnur können wir euch empfehlen: Ein jedes Handeln muß geschehen aus der Liebe. Aus der Liebe. Ja.

Aus der Liebe -

Amen

Es tut uns leid, daß wir euch vielleicht enttäuschen! Aber diese Dinge sind diese Grenzfälle, die schweben zwischen unsren beiden Welten des rein Geistigen und des Weltlich-Geistigen, und die sogar ihr Gesicht verändern im Laufe der Entwickelung eurer Menschheit, und teilweise weniger mit der Moral als mit der Sitte zu tun haben. Das hebt sich nicht auf. Eine jede Erdenbevölkerung lebt ihre Epoche mit ihren Problemen, die sich im Wechsel der Generationen in ihrer Stellung immer wieder verschieben, aber in der Antwort sich immer gleichen. Und diese Antwort ist Gott.

Amen