Jesus – der Weg zu Gott

AMARYLLIS

27. Vortrag in Tettnang, 13.2.1982

Frage: ,,Die Kirche lehrt uns, daß wir nur den Weg zu Gott über Jesus erfahren. Und ich möchte gerne mal die Antwort dazu von den Geistlehrern hören.”

Antwort:
Ja. Dieses Wort ist richtig. Denn dieser Messias, auf den sich eure Kirchen stützen, ist das Edelste und Reinste, das Gott euch hat schenken können. Wirklich ein Teil seines Herzens, wenn man das so im Bilde ausdrücken will - wir könne ja nur in Bildern zu euch reden und Symbolen. Ihr sagt ja selbst: ,,Der Vater und der Sohn sind gleich in ihrer Reinheit.” Sie sind eigentlich Eines. Und dieses Eine, das ihr verehrt und anbetet, heißt Liebe. Denn Gott ist die Liebe - als Symbol.

Ein Wesen also, das die Liebe gewählt hat, hat Jesus Christus gewählt und hat Gott gewählt. Auch wenn es von Jesus und Christus noch nie etwas gehört hat. Diese Einengungen einer Gottes-Kindschaft in die christlichen Kirchen, das bekümmert uns sehr, denn es ist eine Überheblichkeit sondersgleichen! Ein jedes Wesen, das zu Gott strebt, kann auch zu Gott kommen. Denn Gott ist die Liebe, und Jesus Christus ist die Liebe auch und ist in Gott. Also kann jedes Wesen, das die Liebe wählt, zu Gott kommen, denn es kommt zugleich automatisch zu Christus. Es ist so einfach! Und dieses Festhalten an diesem fast Autoritären, das ist für die Kirche selbst sehr gefährlich. Denn es gibt genügend Wesen, die sich an diesen Dingen stoßen, es klingt vielleicht lächerlich, die einer solchen Kirche unter Umständen auch den Rücken kehren. Weil durch die Jahrtausende auch die Möglichkeit des geistigen Denkens verfeinert worden ist, geschärft worden ist. Und so sind sehr viele Menschen nicht mehr bereit heute, diese überkommenen Leitsätze zu übernehmen oder gar anzuerkennen. Wir würden es sehr begrüßen, wenn hier eine Reform eintreten würde, wie ihr sagt. Denn der Hunger nach Religiosität, nach Gott, ist so groß wie nie, möchte ich fast sagen. Die Verzweiflung, den Weg nicht zu sehen in diesen Gotteskern; nicht zu wissen, was soll ich tun? In der Kirche fühle ich mich heimatlos, aber ich sehne mich so sehr, eine Heimat zu finden. Es ist richtig: Wer Christus wählt, wählt Gott. Aber Gott ist die Liebe, und wer die Liebe wählt, wählt auch Gott.

Amen

Ich weiß, daß solche Aussagen unter Umständen etwas schockierend wirken. Aber wir fühlen uns verpflichtet, auf eine ehrliche Frage auch eine ehrliche Antwort zu geben, wenn ihr sie annehmen wollt. Ein Frage- und Antwortgeben ist immer ein Wechselspiel. Eine Frage wird gestellt und eine Antwort wird gegeben. Aber ob der Fragesteller sie annehmen möchte, das liegt bei ihm. Man kann keine Seele zwingen, eine Wahrheit anzunehmen, wenn sie lieber eine Scheuklappe vor den Augen trägt. Und ein Wesen, das sich wohlfühlt in einer gewissen Einengung, das ist vollkommen im Schoße Gottes geborgen, genauso wie ein anderes Wesen, das vielleicht eine tiefere Einsicht haben möchte, oder eine großzügigere, möchte ich eigentlich sagen. Aber ein Wesen, das in diesen überkommenen Weisheiten lebt und webt und sich eingeschmiegt hat, das ist glücklich. Und das ist gut und das ist schön. Aber ein Wesen, das diese Wahrheiten, diese ausgesprochenen Übermittelungen - eben nicht in dieser Form - nicht mehr anzunehmen vermag, das ist nicht verdammt oder einer satanischen Welt angehörig - keineswegs.

Ein jedes Seelenwesen hat die Freiheit, seinen eigenen Weg zu gehen, das haben wir vorhin ausführlich dargelegt. Und so darf ein jedes Wesen auch seinen eigenen Christusweg suchen. Denn was wir unter christlich verstehen, das ist nicht gebunden an Kirchenmauern, ist nicht eingefangen in Büchern, sondern das ist eine Lebenshaltung! Das ist ein Bewußtsein, das ist ein Gottesbewußtsein. Und es wäre ungöttlich, ein Wesen, das seinen eigenen Weg geht, zu verweisen auf ausgetretene Pfade, die staubig sind, unter Umständen, für dieses Wesen.
Ein jedes Wesen ist unverwechselbar ein Gott-Teilchen und ist autorisiert, sein ureigenstes Schicksal zu gehen. Und kein Wesen der Welt hat ein Recht, ein solches Wesen zu knechten, zu isolieren, zu verachten oder zu töten, wie man das in früheren Zeiten - und auch in den heutigen - getätigt hat. Das ist ein Verbrechen! Absolut.

Aber die Freiheit einer Seele ist heilig, denn sie ist Gott.

Amen

Eine Zwischenfrage: ,,Ist alles Gott?”

Alles! Alles ist Gott, auch das, was ihr das Böse nennt. Denn es gibt nichts, das nicht ,,Gott” wäre. Nichts. Eine jede Erscheinungsform, auch die sogenannte unbelebte Materie, ist Gott. Denn Gott ist der Atem des Universums, und ohne diesen Wirkgeist ist nichts, aber alles! Und auch eine Materie ist göttlich in einer Dichtform, in einer Hartform unter Umständen, zum mindesten aber in einer Form, die ihren geistigen Ausgleich im Unendlichen besitzt. Denn das Universum ist das Ausgewogene, und ein jedes Gewicht braucht sein Gegengewicht. Und so ist der Geist, der in einer toten Materie lebt im Unendlichen zu finden. Das sind mathematische Formeln, denn Gott ist die Mathematik in reinster Form, die getragen wird vom Gott-Geiste. Denn auch die Mathematik hat ihren Bestand in Gott als den einzigen Beweger, Erhalter und Eigengebärer - das ist richtig, Amaryllis! - Eigengebärer.